Fernwege nach Rom

 

Auf meinem Weg nach Rom folge ich im Wesentlichen langen Teilabschnitten von vier Fernwander- bzw. Pilgerwegen Richtung Süden: dem Europäischen Fernwanderweg E1 und dem Westweg in Deutschland, einem der verschiedenen Jakobswege in der Schweiz und der Via Francigena in Italien. In der unteren Beschreibung dieser Wege habe ich die Abschnitte, die ich begehen werde, mit Fettdruck kenntlich gemacht.

 

 

 

Europäischer Fernwanderweg E1

 

Der Europäische Fernwanderweg E1 ist Teil der Europäischen Fernwanderwege und verläuft von Umbrien in Italien bis zum Nordkap, dem nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes. Seine Gesamtlänge beträgt rund 4900 km.

Mit der Verlängerung zum Nordkap im Sommer 2013 kamen 2.000 Kilometer an vorwiegend bereits vorhandenen Wanderwegen hinzu. Nur die letzten 350 Kilometer zwischen dem nordnorwegischen Kautokeino und dem Nordkap wurden ganz neu als Wanderweg ausgewiesen und markiert. Hütten sind auf dieser Strecke nur teilweise vorhanden, sodass sich dieser nördlichste Abschnitt am besten als Zelt- und Rucksacktour bewältigen lässt. Angelegt und durchgehend mit einem weißen Andreaskreuz auf schwarzem Grund gekennzeichnet sind bis jetzt die Strecken in Mittelschweden, Dänemark, Deutschland (im Schwarzwald rote Raute siehe unten), Schweiz und Norditalien.

Der nicht markierte Start erfolgt in der Finn- und Nordmark durch Lappland. Weiter geht es in die schwedischen Naturparks. Hier ist er nicht eigenständig gekennzeichnet, sondern verläuft entlang lokaler Wege. Von Norden: Kungsleden, Vasaloppsleden, Siljansleden, Lokalaleden, Sméleden, Bergslagsleden, Västra Vätterleden, Redvägsleden, Sjuhäradsleden, Knalleleden, Vildmarksleden, Bohusleden, Hallandsleden. Die Längen variieren zwischen 20 und 280 km. Ausbau und Kartenmaterial sind ebenso unterschiedlich. Über Jütland wird Dänemark erreicht. Nach 400 km durch dieses Land wird die deutsche Grenze bei Flensburg überschritten. Von hier geht es in weiten Schleifen über Kiel, Lübeck durch Schleswig-Holstein nach Hamburg. Nach der Lüneburger Heide, Celle, Süntel und Hameln wird das Weserbergland erreicht.

Der Wanderweg führt nun durch das Lippische Bergland, den Teutoburger Wald, das Eggegebirge, das Sauerland und den Westerwald, der bei Siegen beginnt. Anschließend wird die Lahn überquert und durch den Taunus geht es über den Großen Feldberg nach Frankfurt am Main. Nach Frankfurt folgen wieder einige Flachetappen, bevor bei Darmstadt der Odenwald mit neuen Anstiegen und Ausblicken wartet. Nach der Überquerung des Neckars bei Heidelberg geht es weiter durch den Kraichgau nach Pforzheim, dem Tor zum Schwarzwald. Das Andreaskreuz wird hier durch die rote Raute des Westwegs ersetzt. Nach dem Titisee biegt der E1 zum Bodensee ab und verläuft bis dorthin auf der Strecke des Schwarzwald-Querweges Freiburg–Bodensee.

Nach 1900 Kilometern innerhalb Deutschlands wird die EU für eine 320 km lange Strecke durch die Schweiz in Konstanz verlassen. Rapperswil, Einsiedeln, Vierwaldstättersee, Gotthardpass, Tessin sind die Stationen auf dem Weg nach Italien. Als Besonderheit bleibt für den Weg in der Schweiz zu vermerken, dass hier eine besondere Markierung des E1 unterbleibt. Die Strecke wird jedoch in Wegbeschreibung und durch das ausgezeichnete System der Wanderwegkennzeichnung der Schweizer Wanderverbände sicher bis nach Italien geführt. Durch die Poebene und die Ligurischen Alpen geht es nach Genua, und von dort über den Apennin bis nach Castelluccio (nahe Assisi). Hier endet vorläufig die Kennzeichnung des Weges.

Für die Zukunft ist die Weiterführung des E1 über den Apennin nach Süditalien mit Ende in Sizilien geplant.

 

Westweg (Schwarzwald)

Der Westweg ist eine Nord-Süd-Fernwanderstrecke durch den Schwarzwald von Pforzheim nach Basel. Der zirka 285 Kilometer lange Höhenwanderweg wurde im Jahr 1900 als erster Fernwanderweg in Deutschland angelegt und wird seither vom Schwarzwaldverein gepflegt und betreut. Sein Wegzeichen ist eine rote Raute auf weißem Grund.

Der Westweg ist Teil des Europäischen Fernwanderwegs E1 (Nordkap - Sizilien).

Er beginnt in Pforzheim und führt zunächst durch das Enztal zum Dobel und danach durch weite Wälder mit Mooren zum Hohloh. Nach dem Abstieg ins Murgtal steigt der Weg wieder an bis zum höchsten Punkt des Nordschwarzwalds, der Hornisgrinde. Die weitere Strecke verläuft entlang der Schwarzwaldhochstraße bis zur Alexanderschanze und danach durch Wälder ins Kinzigtal nach Hausach. Nach steilem Anstieg berührt der Westweg von der Martinskapelle (Bregquelle) bis zur Kalten Herberge die Europäische Wasserscheide zwischen Rhein und Donau. In Titisee gabelt sich der Westweg in eine westliche und eine östliche Strecke. Die westliche Route (Variante A) verläuft über den Feldberggipfel, den Belchen und den Blauen nach Kandern und danach durch die Wolfsschlucht und das Tal der Wiese nach Basel. Die östliche Strecke (Variante B) zweigt südwärts zum zweithöchsten Schwarzwaldberg, dem Herzogenhorn, ab, geht über die Höhen zwischen Wehra- und Wiesental, führt nach der Hohen Möhr zum Dinkelberg um bei Rheinfelden hinunter in das Rheintal und nach Basel zu gelangen.

 

Schweizer Jakobswege

Durch die Schweiz führt der sogenannte Schwabenweg von Konstanz nach Einsiedeln, der St. Galler-Weg ab Rorschach via St. Gallen nach Einsiedeln und der Appenzeller-Weg von Rankweil via St. Peterzell nach Einsiedeln. Diese Wege sind ausgeschildert.

Von Einsiedeln geht es weiter entweder über Flüeli-Ranft und den Brünigpass oder über Luzern nach Fribourg, Lausanne und Genf.

Seit 2007 wird für die Schweizer Jakobuswege auch der Begriff 'via jacobi' gebraucht.

Ab Genf führt die 'via gebennensis' nach Le Puy in die 'via podiensis'.

 

Via Francigena

Als Via Francigena, auch Frankenstraße oder Frankenweg, werden im weiteren Sinne die alten Fernstraßen bezeichnet, die Pilger auf ihrem Weg von Franken nach Rom zur Grabstätte der Apostel Petrus und Paulus, nutzten. Oft findet sich dafür auch – auf das Ziel bezogen – die Bezeichnung „Via Romea“. Die Rekonstruktion der Via Francigena heute stützt sich im Wesentlichen auf Angaben des Erzbischofs Sigerich von Canterbury, der im Jahre 990 nach Rom pilgerte.

Vergleicht man die Quellen und die vielen Wegbeschreibungen, stellt man fest, dass die einzig richtige „Via Francigena“ nicht existiert, so wenig wie es nur einen Jakobsweg gibt. Als „Via Francigena“ wird das Wegesystem bezeichnet, das nach Rom führt. Bestehende Handels- und Heerstraßen wurden von großen Strömen von Kaufleuten, Pilgern und auch Kreuzzüglern aus Nord- und Mitteleuropa genutzt. Sie gaben diesen Reiserouten die Bezeichnung „Via Francigena“ oder der „Frankenweg“. Nachweisbar taucht die Bezeichnung "Via Francigena" zum ersten Mal im Jahr 876 auf.

Als mit der Mailänder Vereinbarung im Jahre 313 das Christentum im Römischen Reich als Religion zugelassen wird, ist zu vermuten, dass erste Pilgerfahrten an die Gräber der Apostel Petrus und Paulus stattgefunden haben. Diese ersten Pilger konnten die gute Infrastruktur des römischen Straßennetzes mit seinen Xenodochien, den antiken Krankenhäusern, oder seinen Mansiones, den antiken Herbergen, nutzen. Im Itinerarium Burdigalense (334) nennt ein unbekannter christlicher Pilger aus dem heutigen Bordeaux, unterwegs auf dem Landweg nach Jerusalem, eine große Zahl entsprechender Unterkünfte. Auf dem Rückweg aus dem Heiligen Land ist auch die Stadt Rom eine seiner Reisestationen. Ein Beleg für diese frühen Pilgereisen könnte ein im antiken Ostia entdecktes Gebäude sein. Unter der Bezeichnung "Basilica Cristiana" wird dort eine Pilgerherberge aus dem frühen 5. Jahrhundert vermutet, die von Pilgern, die über das Meer nach Rom reisten, genutzt werden konnte.

Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches wird das Reisen der Pilger komplizierter. Nicht nur, dass Straßen und Brücken zerfallen, dass manche Herbergen nicht mehr betrieben werden, auch die fehlende Sicherheit auf den Straßen lässt die Zahl der Pilger stark zurückgehen.

Unter den vielen Verbindungen zwischen Mittel- und Nordeuropa und Rom hat sich insbesondere für eine Strecke die Bezeichnung "Via Francigena" eingebürgert. Es handelt sich dabei um den Weg von Canterbury nach Rom, der in den Aufzeichnungen des Erzbischofs Sigerich der Ernste von Canterbury (994) beschrieben wurde. Er reiste im Jahr 990 von Canterbury nach Rom, um vom Papst das Pallium zu erhalten, einen Wollschal als Zeichen seiner Ernennung zum Erzbischof. Die 80 Stationen seiner Reise hielt Sigerich schriftlich fest. Das Dokument wird heute in der British Library in London aufbewahrt. Setzt man eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 20 Kilometern pro Tag an, sind für die insgesamt etwa 1600 Kilometer lange Distanz zu Fuß 80 Tage durchaus realistisch.

Von Canterbury über Calais verlief die Straße über Arras, Licques, Wisques, Camblain l'Abbey, Arras, Laon, Reims, Châlons-sur-Marne, Bar-sur-Aube, Besançon und Pontarlier nach Lausanne und Saint-Maurice in der Schweiz, um am Großen Sankt Bernhard die Alpen zu überqueren.

In Italien verlief die Via Francigena durch das Aostatal, Ivrea, Vercelli, über Pavia, Piacenza, Fiorenzuola d’Arda, Fidenza bis nach Parma, um von dort über Fornovo di Taro, Cassio, Berceto den Apennin am Passo della Cisa zu überqueren. Hinter Pontremoli teilte sich der Weg in zwei Routen, um die Apuanischen Alpen zu umgehen, eine westliche, die über Luni/Sarzana, Carrara und Massa verlief, und dabei teilweise die alte Via Aurelia nutzte, und eine, die entlang der Ostseite der Berge führte. Beide Strecken trafen in Lucca wieder zusammen. Von Lucca aus ging es dann südöstlich auf die Via Pisana (die Römerstraße von Florenz nach Pisa) und den Arno zu, der bei San Genesio (das 1248 zerstört wurde) und San Miniato gekreuzt beziehungsweise überquert wurden; von hier aus folgte die Via Francigena dem Tal der Elsa (Valdelsa) auf mehreren Routen, die in Poggibonsi wieder aufeinandertrafen, um sich kurz oberhalb wieder zu trennen. Zwei Routen führten entlang der beiden Ufer der Elsa, am rechten Ufer über Castelfiorentino und Certaldo, am linken Ufer direkt und ohne größere Orte zu berühren; eine dritte Route zweigte von der letzteren ab und ging durch die Hügellandschaft der Toskana, wobei die Orte Gambassi Terme und San Gimignano berührt wurden. Auf dieser Strecke kreuzte die Via Francigena mehrfach die aus etruskischer Zeit stammende Via Volterrana, die von Nordosten (Fiesole) kommend auf zwei Routen auf Volterra zustrebte: die nördliche Volterrana kreuzte in Castelfiorentino und Gambassi Terme (vor Gambassi Terme waren Francigena und Volterrana einige Kilometer identisch), die südliche Volterrana nördlich von Certaldo und südlich von San Gimignano. In Poggibonsi wiederum kamen nicht nur die drei Streckenführungen der Francigena zusammen, hier stieß auch noch die Via Regia Romana dazu, die zuvor weitgehend mit der südlichen Volterrana identisch war, von dieser dann aber in Barberino Val d’Elsa abzweigte, um direkt auf Poggibonsi zuzulaufen. Hinter Poggibonsi teilte sich die Francigena erneut in zwei Strecken, die östliche lief an der Burg Staggia Senese vorbei, die westliche über Monteriggioni; nach dem erneuten Zusammenlaufen der beiden Routen ging es dann auf Siena zu. Die letzten Stationen der Via Francigena waren dann Abbadia San Salvatore, Acquapendente, Bolsena, Montefiascone, Viterbo, Vetralla, Capranica, Ronciglione, Sutri, Nepi und schließlich der Petersplatz in Rom.

Einen ungeahnten Aufschwung erfährt das Interesse am Pilgerweg nach Rom im Jahre 1300. Es entsteht in Europa das Gerücht, der Papst werde ein Heiliges Jahr verkünden und den Rompilgern einen vollständigen Ablass der Sündenstrafen gewähren, wie es ihn bisher nur für Kreuzfahrer gab. Zeitgenössische Quellen versichern, dass damals Hunderttausende Pilger in Rom waren. Wenn auch die meisten Pilger sicher aus Italien stammten, verzeichnet das Hospiz auf dem Großen St. Bernhard für das Jahr 1300 insgesamt 20000 Übernachtungen. Das Jubeljahr 1450 scheint aber die meisten Pilger nach Rom geführt zu haben. Papst Nikolaus V. lässt aufgrund der reichlichen Einnahmen eine spezielle Jubiläumsmünze prägen. Er beginnt mit dem Neubau des Petersdoms und erwirbt in der ganzen Welt teure Manuskripte für die Vatikanische Bibliothek. Für den Pilgeransturm zu diesen Heiligen Jahren wird auch immer wieder in die Infrastruktur investiert. So wird für das Jubeljahr 1475 eine neue Tiberbrücke, die Ponte Sisto, errichtet.

Nachdem der Frankenkönig Karl der Große 774 das Langobardenreich erobert hatten, ließen er und seine Nachfolger den Abschnitt zwischen Pavia und Rom als kaiserliche Straße ausbauen, an der dann auch Klöster und Bischofssitze angelegt wurden, um den Pilgerstrom zu versorgen - Rom gehörte neben Santiago de Compostela und Jerusalem zu den drei wichtigsten Pilgerzielen im Mittelalter, das Pilgerzeichen war ein Schlüssel.

Neben der religiösen und politisch-militärischen Wert erhielt die Via Francigena bald auch eine ökonomische Bedeutung: sie war die Hauptschlagader, die Italien mit dem übrigen Europa, vor allem Westeuropa, verband.       

Die Bedeutung der Via Francigena schwand dann mit der Macht der deutschen Kaiser in Italien, dem Aufstieg der Städte Genua, Pisa und Florenz, die die Francigena weiträumig umging, und der Verlagerung der Warenströme auf die alten römischen Straßen (Via Aurelia und Via Cassia) die jetzt den wirtschaftlichen Gegebenheiten besser zustatten kamen. Das Ende der ökonomischen Bedeutung der Via Francigena war dann auch das Ende der ökonomischen Bedeutung der nur an ihr liegenden Städte, wie zum Beispiel San Gimignanos.

Mit dem Boom des „Jakobsweges“ in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde auch die „Via Francigena“ revitalisiert. 1994 wurde die „Via Francigena“ vom European Institute of Cultural Routes – auf Antrag des italienischen Tourismusministeriums – als Europäische Kulturstraße und 2004 als „Major Cultural Route of the Council of Europe“ ausgezeichnet.

Der Gedenkmarsch einiger ehemaliger Schweizergardisten von Bellinzona nach Rom im Jahre 2006 anlässlich des 500-jährigen Bestehens der Päpstlichen Schweizergarde hat die Popularität des Weges besonders in der Schweiz gefördert.


Translation: